Donnerstag, 4. Februar 2010
Akt III: Ottawa - you can call me Ethan
Nach einer relativ langen Fahrt war es bereits dunkel, als wir in Kanadas Hauptstadt ankamen. Deshalb hatten wir zunächst leichte Orientierungsschwierigkeiten und fuhren, ohne es zu merken, am Regierungssitz und dem Parlament vorbei, abgelenkt von dem hier reichlich vorhandenen Schnee und den damit verbundenen schlechteren Straßenverhältnissen. Trotzdem fanden wir zu unserer Unterkunft, die von einer mürrischen Deutschen und ihrem multinationalen Team geleitet wurde. Nachdem wir unseren begehbaren Wandschrank...äh Zimmer bezogen hatten, brachen wir auf, um noch "irgendwas" anzuschauen. Ohne großen Plan stolperten wir so, quasi zufällig, Richtung Regierungshügel. Schon beim Anblick des hell angestrahlten, irgendwie historisch aussehenden Gebäudes (Es war das Ostgebäude des Parlaments) oberhalb des Rideau-Kanals, dämmerte uns aber, dass wir wohl im Zentrum der Macht angekommen sein mussten. Einige Schritte weiter bestätigte sich dieser Eindruck und wir standen Ehrfürchtig staunend auf dem Parlamentshügel, der in der klirrenden Kälte mit einer Eiszuckerschicht überzogen war.
Zurück im Hostel traffen wir auf alte Bekannte, Christina und Jan, sowie Karin hatten zufällig die selbe Unterkunft gewählt, so dass der Anteil an deutschen Masterstudenten stark anstieg.
Der nächste Tag brachte wieder eine weite Wanderung, über den Parlamentshügel, wo wir eine Führung durchs Gebäude bekamen und die beiden Sitzungssäle, die schöne Bibliothek sowie den Glockenturm besichtigen konnten, über diverse Regierungsgebäude, Gericht, Ämter usw. schließlich über den Ottawa River hinüber nach Quebec und dem Schwesterstadtteil Gatineau.
Während draußen der Schnee fiel, trieben wir uns ein paar Stunden im Canadian Museum of Civilization herum, wo man ein Indianerdorf und eine komplett nachgebautes Städtchen, das die verschiedenen Phasen der Besiedelung Kanadas nachstellt, begehen und bestaunen kann. Fast genauso schön ist auch die Kinderabteilung, mit allerlei tollen Gefährten und Spielsachen, die allerdings am Sonntagnachmittag mehr als übervölkert war...Also schnell wieder raus, nicht ohne vorher auf Pharaos Grab probezuliegen, herzhaft in ein Plastik-Croissant zu beißen (schmeckt auch nicht schlechter, als das was die Bäcker ansonsten so produzieren) und das Brumm-Brumm zu besteigen (ob ich wohl je meinen Motorrad-Führerschein mache?).
Nachdem wir das Museum ausgiebig erkundet hatten, marschierten wir wieder zurück nach Ottawa, das einem im Vergleich zum sehr öden Gatineau wie ein schönes Märchen vorkommt. Vorbei an meinem Liebling, der Spinne vor der National Art Gallery, die wir noch links liegen ließen (bald meine holde Schönheit, bald...) gings auf ein kleines (sehr teures) Bier und einen noch kleineren (ebenfalls teuren) Wein in einen kleinen Pub. Danach war Sense, zumindest kann ich mich nicht mehr groß an weitere Sensationen erinnern.
Der nächste Tag startete mit der schrecklichen Entdeckung, das der rießige, vollgestopfte Kühlsschrank in der Gemeinschaftsküche anscheinend unsere wohlbeschrifteten Vorräte verschluckt hatte, auch eine gründliche Druchsuchung seiner Eingeweide förderte nichts Essbares, uns gehöriges zu Tage. Drauf und Dran Mundraub zu begehen, konnte uns eine asiatische Mitarbeiterin des multinationalen Kompetenz-Verwaltungsteams doch noch Auskunft über den Verbleib unserer Kühlwaren geben. Nachdem diese mit seltsamen Zeichen, in einer fremdländischen Sprache gekennzeichnet waren, die wohl so etwas wie "Michi" ergaben, nahm sie an, das ganze wäre herrenlos und somit für den allgemeinen (oder ihren persönlichen) Verzehr freigegeben. Reumütig gab sie uns das verbliebene Salamischeibchen, versteckt in der hintersten Ecke des Monsters, zurück. Hurra, das Frühstück war gerettet. Dennoch gibt mir das andauernde Namensproblem langsam zu denken, nach all dem Theater mit Stohr/Stöhr/Stoehr/Sthr wir nun also mein Vorname auch noch zum Un-namen erklärt. Ein Dank an alle "Anh", "Boxi", "Mei", "Yang", "Xin", "Yan", "Weisi", "Rui" und "Qiang" dieser Welt...von wegen komischer Name! Das ist übrigens nur ein kleiner Auszug aus der Namensliste meiner asiatischen Korrekturschäfchen. Vielleicht sollte ich mir, wie viele hier, einfach einen kanadischeren Kunstnamen zulegen? Gordon McAllister fänd ich gut. Der beliebteste Vorname in Alberta und Saskatchewan ist, laut Namensregister, aber Ethan (Gott sei Dank bin ich kein Mädchen in Quebec, dann würde mich sehr wahrscheinlich Mégane zieren), Nachname ist häufig Summers oder so ein Kram. Mhm Ethan Summers. Nicht schlecht. Werds demnächst mal ausprobieren. Obwohls definitiv an Boxi Zhou, Mei Lin (ein Insider für alle Gerhard Polt Fans) oder Jing Yang nicht ranreicht.
Der Tag brachte, außer der für Nachmittag geplanten Weiterfahrt nach Montreal, noch einen kurzen Besuch in der National Gallery of Kanada (nur echt mit der Riesenspinne). Leider kann ich von den Innereien wieder keine Fotos zeigen, außer von der irgendwie beeindruckenden (häßlichen?) Architektur. Hab mich noch nicht entschieden, irgendwie hatte es auch was. Viel Platz auf jeden Fall. In einem Raum konnte man z.B. einem Elefanten im Drogenrausch auf 3 überlebensgroßen Leinwänden beim Herummarschieren, Defätieren und Umfallen in einem weiteren leeren Raum zusehen. Grandios. Ansonsten viel modernes Zeug, Warhol, Picasso, aber vor allem Werke der Group of Seven (einer kanadischen Künstlervereinigung von Landschaftsmalern um 1920), die mal mehr, mal weniger begabt, mehr oder weniger expressionistische kanadische Landschaften auf Leinwand gebannt haben. Auf jeden Fall einen Besuch wert.
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Zu ihrer Verteidigung: Sie hat nicht mit den Katzen nach uns geworfen...
AntwortenLöschenNihao Boxi Zhou - Saaan,
AntwortenLöschenwiedermal n nettes Geschichtlein, wasde da geschrieben hast.
Ich würde persönlich MAX POWER als Künstlernamen vorziehen (Insider für alle Simpsons Fans!)
Schöne Grüße von ein paar Schülern aus der Meisterschule in LA, die ebenfalls seeehr angetan sind von deiner little spider!
Greetz Flo :)
PS: N Fotobegeisteter aus meiner Klasse hat dir
www.burningman.com empfohlen, is bestimmt was für dich! :D