Mittwoch, 28. Oktober 2009

Niagara. Oder: 5 deutsche Studenten im Tal des Todes


Um die letzten Sonnenstrahlen des Jahres auszunutzen und übers Wochenende etwas Abstand zu gewinnen, stand diese Wochenende ein Trip zu den nur ca. 140 km entfernten Niagarafällen an. Also flugs ein Auto gemietet, ein Hostel in Niagara Falls gemietet (Achtung: erste Falle! Nicht versehentlich in Niagara on the Lake buchen, das gibts auch, ist aber 30 km nördlich!) und samstag morgens losgebrochen. Da ich auf der Geburtstagsfeier am Abend vorher extra den Alkoholkonsum minimiert hatte, war ich schon morgens um 8 bereit und fit, im Gegensatz zu einigen Mitreisenden, die am Abend zuvor die Reißleine zu spät gezogen hatten...Tja, die sahen dementsprechend auch nach Absturz aus. Nachdem alles Gepäck verstaut war (nach einer ernsten Ansprache von Onkel Michi an unsere 2 weiblichen Mitreisenden tags zuvor eine erstaunlich geringe Menge) machten wir uns quasi im Blindflug auf die Reise. Eine Karte war zwar vorhanden, allerdings werden in Kanada quasi nur Himmelsrichtungen, keine Ziele angeschrieben, was die Orientierung schwierig macht. Naja, das Glück war wiedermal mit den Dummen und so kamen wir ohne größere Schwierigkeiten nach einer lustigen Fahrt in Niagara-Falls an. Nachdem wir schlußendlich auch unser Hostel gefunden hatten, mussten wir erst einmal eine endlosen Monolog unseres Hostel-Vaters Patrick (Typ: Althippie) über uns ergehen lassen, der gar nich glauben konnte "echte" Deutsche vor sich zu sehen, die keinerlei "Schedule" für ihren Trip haben. Unglaublich! Die deutschen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren...Tatsächlich hatte er jedoch gute Tips für uns und empfahl uns den restlichen Tag mit einer Wanderung zu verbringen, und am Sonntag erst zu den Fällen zu gehen, da das Wetter für diesen Tag sonnig und warm gemeldet war. Mit einer Handgezeichneten Karte machte wir uns also auf, den sogenannten "Whirlpool" zu erkunden und das Niagara-River Tal zu erkunden. (Der Niagara-River ist einer der kürzesten Flüße der Welt, nur ca 60 km. Er verbindet den Lake Erie mit dem Lake Ontario. Aber durch diese kurze Passage und über die Fälle quetschen sich 3% der weltweiten Süßwasservorräte. Was ca. 20 Mio Menschen im Jahr sehen wollen. Aber dazu später...). Nach einer kurzen Autofahrt, auf der wir schon mal einen Blick auf die Fälle erhaschen konnten, sahen wir uns zunächst das Wildwasser von oben an(auf die Seilbahn verzichteten wir), der Fluß macht einen 90 grad knick an dieser Stelle und produziert so 1-2 m hohe Wirbel. Danach stiegen wir über eine Eisentreppe in die Schlucht hinab. Während man auf der kanadischen Seite wandert, hat man herrliche Blicke auf die amerikanische Seite (Grenzfluß) und das vorbeirauschende Wasser. Algonquin-Erinnerungen kamen wieder hoch, alles gelb und rot, keine Menschen, ab und zu Angler. Herrlich. Wie das Ambiente-Video beweist...Man achte auf das seltene Riesenerdmännchen, das zum schluß erschreckt in die Linse blinzelt...Rare Aufnahmen einer fast vergessenen Spezies...


Im langsam dunkler werdenden Flußtal stellte sich schließlich nach 4 km die Frage: Umkehren und wissen wo man hinmuss, oder weiterlaufen bis zum Whirlpool und hoffen, dass von dort aus auch ein Aufstieg zu finden ist. Nachdem mehr oder weniger einstimmig beschlossen wurde weiterzugehen, kamen wir schließlich am Ufer der Whirlpools an. Nicht so spektakulär wie gedacht, aber schön. Nachdem wir ein paar Angler nach dem Weg gefragt hatten, drangen wir weiter in die Wildnis vor, bergauf, jetzt schon fast auf allen Vieren. Ein dort vor langer Zeit abgestürztes Auto (obs wohl wie in "Long Road to Ruin" von den Foo Fighters ein verzweifelter Filmstar mit Oberlippenbart war?) hellte die Stimmung kurz auf, konnte aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Klippe so nicht zu überwinden war. Also umgekehrt und weitermarschiert. Die nächsten Angler, die wir trafen konnten sich genauer äußern und bewahrten uns so vor einer Nacht am Niagara-River und dem sicheren Tod (*dramatische Musik*). Nach der Algonquin-Nacht hätte mich das Mikroklima in Niagara sicher nicht umgebracht, hier ist es im Schnitt immer 5 Grad wärmer als im Rest von Südontario. Trotz eines anstregenden Aufstiegs mit ca 300 Stufen kamen wir genau bei Einbruch der Nacht oben an der Straße an und konnten nun die restlichen km zum Auto zurücklaufen, das einsam auf uns wartete.
Nachdem wir uns im Hostel mit Eiern und dergleichen gestärkt hatten (mussten erst die Australier mit sanfter Gewalt aus der Küche verdrängen, aber hey, wozu hat man denn deutsche Gene...), brauchte es einige Überredungskunst um den bettschweren Teil der Gruppe zu einem Abstecher nach Clifton Hill (dem Las Vegas Kanadas - leicht übertrieben) zu überreden. Die leuchtende, blitzenden Attraktionen weckten uns wieder auf und so ließen wir den Abend mit Cocktails im Hard-Rock-Cafe ausklingen...(ICH sag nur: Toronto war viel besser!).

Nachdem wir Sonntag gegen 11 das Hostel verlassen hatten (gestärkt mit selbstgebackenen Blaubeermuffins von Patrick) starteten wir den Tag mit einer Wanderung am Oberlauf des Niagara-River entlang. Da am gleichen Tag der Niagara-Marathon stattfand (bei strahlendem Sonnenschein, 15 Grad. Mein Läuferherz hüpfte...konnte mich kaum zurückhalten miteinzusteigen...), waren viele Menschen unterwegs. Je näher man den Fällen kommt, umso lauter wird das Rauschen, das Wasser wird wilder, um schließlich in rießigen Fontänen zunächst lautlos über der 600 Meter langen Abbruchkante zu verschwinden und unten mit Getöße in einer rießigen Gischtwolke aufzusteigen. Beeindruckend, und auf Fotos/Videos kaum wiederzugeben. Probiers trotzdem. Nachdem wir andächtig das Schauspiel genoßen, Fotos geschoßen und lustige Menschen beobachtet hatten (z.b. einen Opa mit Kind, die es geschafft haben übereinander zu stolpern und in die einzige Pfütze weit und breit zu fallen...Herrlich! Make my day!) gings weiter zur Maid of the Mist, die uns mitten hinein ins Geschehen bringen sollte. Als Touristenattraktion von uns eigentlich verpönt, sind ja "Individualreisende", hat sich das aber definitiv gelohnt, wie die Bilder zeigen...Der Eindruck mitten in der Gischwolke, umringt von dem herabstürzenden Wasser und dem Getöße lässt einen sich ganz schön klein fühlen...Man bekommt einen Eindruck von der Größe und Gewalt der Wassermassen, die aus über 50 Metern herunterbrettern. Auf dem Rückweg fährt man nahe an den "amerikanischen" Fällen vorbei, die auch schön, aber bei weitem kleiner sind.
Nachdem wir ordentlich durchnäßt waren und unsere blauen Säcke entsorgt und unser Arschfoto (vor den Niagarafällen) abgeholt hatten (wird nachgereicht), machten wir uns noch auf, das Wein und Rentnerparadies Niagara-on-the-Lake zu besichtigen. Noch kurz am buddhistischen Tempel gehalten, schnell den Glückspenis des den Eingang bewachenden Löwen gerieben und dann auf, wieder durch herbstliche Alleen, gemütlich mit 60, gebraust, links Weinfelder und schöne Häuser, rechts der Fluß. Wunderschön. Am See angekommen stellten wir das Auto wieder ab und genoßen die letzten Strahlen der Sonne am Ontario See, mit der Skyline von Toronto in der Ferne am anderen Ufer.
Die Rückfahrt durch die kanadische Nacht war dann (dank der tollen Ausschilderung an kanadischen Straßen) einigermaßen chaotisch. Leider waren auch alle Leute, die wir nach dem Weg fragten, entweder betrunken oder bekifft oder beides (und das in einem Ort wie Cambridge...Schande!), so dass wir ewig umherirrten. Harveys bewahrte uns aber zumindest vor dem Verhungern und um dreiviertel 10 kamen wir müde u. glücklich wieder in Waterloo an.





















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